Der Tote im Stall by Lercher Lisa

Autor:Lercher, Lisa [Lercher, Lisa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Haymon Verlag
veröffentlicht: 2014-08-09T22:00:00+00:00

„Da ist der Weg.“ Ich kann nicht sehen, in welche Richtung Mona deutet. Es ist ziemlich finster, trotz des Mondes, der schon mehr als halb voll ist. Straßenlaternen gibt es natürlich keine. Die Gemeinde spart, und wer geht auch schon mitten in der Nacht in der Einöde spazieren? Meine Augen versuchen, sich an das Dunkel zu gewöhnen. Es ist ziemlich frisch. Ein leichter Wind weht. Ich kriege eine Nase voll Stalluft zur Begrüßung ab. Zu meiner Orientierung trägt das allerdings nicht viel bei. Ich schlage den Kragen von Monas Jacke hoch. Ein Stirnband wäre jetzt angenehm. Mona schaltet die Taschenlampe ein. Sie richtet den Lichtstrahl auf die schmale Asphaltstraße vor uns. Es ist nicht weit, vielleicht 300 Meter. „Ich wollte nicht zu nahe hinfahren, damit uns niemand hört“, erklärt sie. Der Satz ist wie ein Déjà-vu.

„Hoffentlich müssen wir nicht schnell abhauen.“ Ich verscheuche die aufkeimenden Gedanken an Schrotflinten und Sauborsten.

„Geh, die paar Meter bis zum Auto schaffen wir sicher.“

„Hat der Höller eigentlich einen Hofhund?“ Muß ich immer gleich das Schlimmste befürchten?

„Keine Sorge. Alex hat mir versichert, daß es keinen Hund gibt. Angeblich ist die Bauersfrau gegen Hunde- und Katzenhaare allergisch.“

„Na so ein Pech. Gilt das als Berufskrankheit?“

„Keine Ahnung.“

„Die Frau hast du mir übrigens verschwiegen. Was gibt es noch? Kinder, Knechte, Mägde?“

Mona berührt meinen Oberarm. „Pst. Hörst du was?“ flüstert sie und schaltet die Taschenlampe aus.

Ich horche angestrengt in die Nacht. Der Geruch nach Stall und Schweinemist hat deutlich zugenommen. „Nein“, flüstere ich zurück. Meine Augen haben sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt. So finster ist es eigentlich gar nicht. Ich kann deutlich Umrisse erkennen. So groß habe ich mir das Ganze nicht vorgestellt. Das Hoftor ist nur noch wenige Meter von uns entfernt. „Müssen wir durch das Tor?“ frage ich leicht panisch.

„Von dieser Seite können wir nur durchs Tor. Der Hof ist U-förmig angelegt. Zumindestens ungefähr. Es gibt jede Menge Nebengebäude, in die man aber nur vom Innenhof aus kommt.“

„Welche Nebengebäude?“

„Ställe. Vier oder fünf. Die können schließlich nicht alle Viecher in einem einzigen Stall unterbringen. Dahinter ist dann gleich der Garten. Der schließt an ein Feld an. Allerdings ist da auch ein Zaun.“

„Das heißt, Hoftor oder Zaun klettern“, fasse ich zusammen.

„Ich glaube, Hoftor ist besser.“ Monas Risikofreude ist beunruhigend.

Wir stehen jetzt direkt vor dem Tor. Mona greift nach der Klinke und drückt sie langsam hinunter. Vielleicht abgeschlossen? hoffe ich. Vergeblich. Es quietscht nicht einmal. Mona schiebt das schwere Tor noch ein Stück weiter auf. Wir schlüpfen durch den Spalt. Dann bleiben wir stehen und horchen erneut ins Dunkel. Alles ist ruhig. Nirgends brennt Licht.

„Wohnen tun sie da rechts“, flüstert Mona. Sie schaltet die Taschenlampe wieder ein. Der Wohntrakt ist ausgedehnt. Direkt an das ebenerdige Haus schließen irgendwelche Wirtschaftsgebäude an. Wahrscheinlich lagern dort die Futtermittel und was so an Geräten gebraucht wird. Auf dem Innenhof könnte man gut Fußball spielen. Ausreichend Platz ist vorhanden. Ein schmaler betonierter Weg führt an der Mauer des Gebäudes entlang zum ersten Stall. Das weiter hinten muß so eine Art Gartenschuppen sein. Nachdem wir uns orientiert haben, knipst Mona das Licht wieder aus.

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